Nutzung Diensthandy für private Zwecke kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 10.12.2012 – 17 Sa 1037/12

Unerlaubte Privatnutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Diensthandys, um auf dessen Kosten heimlich umfangreiche Privattelefonate zu führen, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu bilden (Rn. 20).

Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn die Hinnahme einer Pflichtverletzung der vorliegenden Art durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (Rn. 32).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, kann die Unwirksamkeit einer Kündigung nicht unmittelbar aus einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hergeleitet werden. Dem steht das Erfordernis entgegen, bei der Prüfung des wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB die Umstände des jeweiligen Einzelfalls umfassend abzuwägen. Dies schließt mittelbare Auswirkungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die Interessenabwägung nicht aus, wenn der Arbeitgeber bei gleicher Ausgangslage im Sinne einer gleichartigen Pflichtverletzung nicht allen beteiligten Arbeitnehmern kündigt und daraus zu schließen ist, dass es für ihn zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis auch mit dem gekündigten Arbeitnehmer fortzusetzen (Rn. 39).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. November 2010, 15 Ca 2030/10, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
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Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug nach Zurückverweisung durch das Bundesarbeitsgericht über die Wirksamkeit außerordentlicher fristlos bzw. hilfsweise mit Auslauffrist ausgesprochener Arbeitgeberkündigungen und um Weiterbeschäftigung.
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Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 566 bis 571 d.A.) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16. Mai 2011 (Bl. 565 d.A.) Bezug genommen.
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Die ursprüngliche Beklagte (A, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts B unter C) hat ihr Vermögen als Ganzes im Wege der Umwandlung durch Aufspaltung auf verschiedene Gesellschaften übertragen, ua. den Betrieb D auf die jetzige Beklagte (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts B unter E). Die entsprechenden Eintragungen im Handelsregister erfolgten am 01. Juli 2011 bzw. 17. Juni 2011. Die (jetzige) Beklagte hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 22. September 2011 aufgenommen.
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Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 03. November 2010 verkündetes Urteil, 15 Ca 2030/10, mit Ausnahme des allgemeinen Feststellungsantrags stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar bestehe der dringende Verdacht einer vertraglichen Pflichtverletzung durch Privatnutzung des zur Verfügung gestellten Diensthandys. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles sei jedoch eine Abmahnung erforderlich gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 572 bis 579 d.A.).
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Gegen dieses ihr am 25. März 2011 zugestellte Urteil hat die frühere Beklagte am 20. April 2011 Berufung eingelegt und diese nach aufgrund Antrags vom 18. Mai 2011 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 30. Juni 2011 am 30. Juni 2011 begründet,
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Die Kammer hat bei im Einvernehmen mit den Parteien erfolgter Verwertung der in Parallelverfahren durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeuginnen F und G (Bl. 849 f d.A.) die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 19. Dezember 2011, 17 Sa 569/11, zurückgewiesen, da jedenfalls die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht nachgewiesen sei. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wurde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Juli 2012, 2 AZN 364/12 (Bl. 926 f d.A.), das Kammerurteil vom 19. Dezember 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Wegen des Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug bis zur Zurückverweisung wird auf den Tatbestand des Urteils der Kammer vom 19. Dezember 2011 (Bl. 909 bis 910R d.A.) verwiesen. Die Parteien tragen ferner ergänzend zur Beweiswürdigung, zur Position der Zeugin G, zur Frage eines schuldhaften Organisationsmangels, zur ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung und zur Anhörung des Klägers zu den Verdachtsgründen vor.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. November 2010, 15 Ca 2030/10, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe
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A. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 03. November 2010, 15 Ca 2030/10, ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.
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Die ursprüngliche Beklagte ist infolge Aufspaltung gemäß §§ 123 Abs. 1, 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG als übertragender Rechtsträger erloschen. Die jetzige Beklagte hat den Betrieb D nach Maßgabe des Spaltungs- und Übernahmevertrages vom 08. Juni 2011 übernommen. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge infolge Aufspaltung nach § 123 Abs. 1 UmwG kann der Rechtsnachfolger in entsprechender Anwendung der §§ 239, 250 ZPO aufnehmen (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 239 Rdnr. 6), wobei es vorliegend infolge Vertretung durch eine Prozessbevollmächtigte ohnehin nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens gekommen war, § 246 Abs. 1 ZPO.
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B. Die Berufung ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die außerordentliche Kündigung vom 04. März 2010 beendet. Da im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 09. März 2010 kein Arbeitsverhältnis mehr bestand, ist auch der gegen diese Kündigung gerichtete Klageantrag unbegründet. Infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht dem Kläger auch kein Weiterbeschäftigungsanspruch zu.
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I. Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liegt für die Kündigung vom 04. März 2010 vor.
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1. a) Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist im Rahmen einer zweistufigen Prüfung zu beurteilen. Im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (BAG 07. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – AP BGB 626 Nr. 192; BAG 27. April 2006 – 2 AZR 386/05 – AP BGB § 626 Nr. 202; BAG 28. August 2008 – 2 AZR 15/07AP BGB § 626 Nr. 214).
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b) Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt ferner das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt dann vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde zukünftig den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Aus diesem Grund setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Die Abmahnung dient in diesem Zusammenhang der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann in der Regel davon ausgegangen werden, es werde auch künftig zu weiteren Vertragsverstößen kommen. Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil bei der Anwendung des Prognoseprinzips (BAG 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 57). Sie ist zugleich auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Soweit ein steuerbares Verhalten betroffen ist, muss der Kündigung grundsätzlich eine erfolglose Abmahnung vorausgehen, es sei denn, sie ist nicht erfolgversprechend oder es handelt sich um eine schwere Pflichtverletzung, bei der dem Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Handelns ohne Weiteres ebenso erkennbar ist wie der Umstand, dass eine Hinnahme seines Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 17. Juni 2003 – 2 AZR 62/02 – EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59; BAG 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 – aaO; BAG 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – AP BGB § 174 Nr. 20; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/07 – aaO; BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – AP BGB § 626 Nr. 229 [„Emmely“]). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen im Bereich der auf verhaltensbedingte Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung (BAG 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – aaO; BAG 26. Juni 2008 – 2 AZR 190/07 – AP BGB § 626 Nr. 213).
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c) Ferner kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen arbeitsvertraglichen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt hiernach vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Der Verdacht einer Vertragspflichtverletzung bzw. einer strafbaren Handlung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die Tat begangen hat. § 626 Abs. 1 BGB lässt darüber hinaus eine Verdachtskündigung zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Er muss sich aus Umständen ergeben, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft (BAG 23. Juni 2009 – 2 AZR 474/07AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47; BAG 12. Mai 2010 – 2 AZR 587/08 – AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67; BAG 25. November 2010 – 2 AZR 801/09 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48).
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2. Die Beklagte hat hinreichend objektive Tatsachen dargelegt, die den schwerwiegenden Verdacht begründen, der Kläger habe das ihm zur Verfügung gestellte Diensthandy in den Monaten November 2008 und Dezember 2009 vertragswidrig bewusst dazu genutzt, um auf Kosten der Beklagten im Ausland private Telefonate zu führen. Sie hat ferner hinreichend objektive Tatsachen dargelegt, die den schwerwiegenden Verdacht begründen, der Kläger habe das ihm zur Verfügung gestellte Diensthandy in den Monaten Oktober 2008 bis Dezember 2008, Februar, April, Mai 2009 und Juli 2009 bis Januar 2010 vertragswidrig ferner dazu genutzt, um im Dienstmodus im Internet zu surfen. Auf Kosten für eingehende Verbindungen („Roaming-Gebühren“) und Kosten für versandte SMS stellt die Kammer in diesem Zusammenhang überhaupt nicht ab. Die Kammer kann in diesem Zusammenhang ferner in den sog. internen Nummernblock der Beklagten (4915158910XXX) erfolgte Anrufe ebenso unberücksichtigt lassen wie zu Gunsten des Klägers als zutreffend unterstellen, dass im November 2008 die Anrufe an die Nummern 491736756XXX und 496926095XXX nicht durch den Kläger, sondern ohne sein Wissen durch seinen Bekannten M erfolgten.
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a) Unerlaubte Privatnutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Diensthandys, um auf dessen Kosten heimlich umfangreiche Privattelefonate zu führen, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu bilden (BAG 05. Dezember 2002 – 2 AZR 478/01 – AP BGB § 123 Nr. 63; BAG 04. März 2004 – 2 AZR 147/03AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 50; LAG Hessen 07. April 2009 – 13 Sa 1166/08 – n.v., juris; LAG Hamm 28. November 2008 – 10 Sa 1921/07NZA-RR 2009, 476). Unerlaubte Privatnutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses kann ua. dann an sich geeignet sein, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu bilden, wenn das Betriebsmittel unberechtigt in Anspruch genommen wird und hierdurch zusätzliche Kosten entstehen (BAG 07. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – aaO). Dieser Aspekt der unberechtigten und zusätzliche Kosten verursachenden Inanspruchnahme als solcher und nicht der einer etwaigen exzessiven Nutzung des Internetzugangs während der Arbeitszeit und der damit verbundenen Arbeitspflicht (zu den verschiedenen potentiellen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung bei privater Nutzung des Internets vgl. auch BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06 – aaO) ist vorliegend einschlägig.
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b) Privatnutzung des zur Verfügung gestellten Diensthandys, um damit im Ausland Telefonate zu führen oder im Internet zu surfen, ist von der Beklagten nicht gestattet. Der Kläger behauptet selbst keine konkrete Gestattung durch die Beklagte. Damit war dem Kläger auch klar, dass die private Verwendung der dienstlichen Telefonnummer zu privaten Auslandstelefonaten nicht gestattet war, und zwar auch dann, wenn er sich erst 2009 wieder für eine private TwinBill-Nr. entschieden hat. Dass ihm dies vorher unklar gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich. Schon von daher verbleibt es auch bei dem Grundsatz, dass auch private Internetnutzung des zu Dienstzwecken zur Verfügung gestellten Arbeitsmittels nicht gestattet ist. Bei einer fehlenden ausdrücklichen Gestattung oder Duldung des Arbeitgebers ist eine private Nutzung des Internets grundsätzlich nicht erlaubt (BAG 07. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – aaO). Hinzu kommt der dem Kläger zumindest mit Schreiben vom 08. März 2004 erteilte Hinweis, wonach die dienstliche Handy-Nr. nur für die dienstliche Verwendung vorgesehen und für private Gespräche eine private DuoBill Pin-Nr. zu verwenden sei. Damit war dem Kläger klar, dass auch die private Verwendung der dienstlichen Telefonnummer zur Internetnutzung nicht gestattet war.
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c) Der dringende Verdacht, der Kläger habe das ihm zur Verfügung gestellte Diensthandy jedenfalls in den Monaten November 2008 und Dezember 2009 zum Führen privater Telefonate im Ausland verwendet und hierbei – unter Ausschluss von „Roaming-Gebühren“, unter Berücksichtigung des Rabatts von 42 % und unter Nichtberücksichtigung der in den internen Nummernblock der Beklagten und mit den Nummern 491736756XXX und 496926095XXX geführten Gespräche – Kosten von zumindest 61,14 € und 55,32 €, außerdem in den Monaten Oktober 2008 bis Dezember 2008, Februar, April, Mai 2009 und Juli 2009 bis Januar 2010 mit dem Diensthandy im Internet gesurft und hierbei weitere Kosten von 226,54 € verursacht, ist von der Beklagten dargelegt und durch den Kläger nicht erschüttert oder entkräftet. Der dringende Verdacht gründet sich auf die für die Kartennummer des Klägers erfolgten I-Rechnungen für die genannten Monate (Bl. 159 bis 161, 163 bis 172 d.A.) und, soweit für diese Kartennummer vorgelegt, die Einzelverbindungsnachweise für Oktober 2008 (Bl. 179 f d.A.), November 2008 (Bl. 185 f d.A.), April 2009 (Bl. 231 f d.A.), Mai 2009 (Bl. 235 f d.A.), Juli 2009 (Bl. 245 f d.A.), August 2009 (Bl. 247 f d.A.), September 2009 (Bl. 249 f d.A.), Oktober 2009 (Bl. 254 f d.A.), November 2009 (Bl. 262 f d.A.) und Dezember 2009 (Bl. 269 f d.A.).
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aa) Für den Einwand des Klägers, die Rechnungen könnten falsch sein, sind keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt oder sonst ersichtlich. Konkrete Angaben zu seinem Nutzungsverhalten macht der Kläger nicht. Von daher können die Rechnungen auch nicht gegenüber konkretem Vortrag abgeglichen werden. Dass Rechnungen der H bzw. der I im Einzelfall falsch sein können, ist zutreffend. Richtig ist aber auch, dass nach wie vor die Anzahl der sachlich und inhaltlich richtigen Rechnungen ganz deutlich überwiegt. Sonst könnte auf die Rechnungen ohnehin kein entsprechender Verdacht begründet werden. Warum gerade die den Kläger betreffenden Rechnungen für Oktober bis Dezember 2008, Februar, April und Mai 2009 oder Juli 2009 bis Januar 2010 falsch sein sollten, erschließt sich nicht. Dann ist der auf ihnen beruhende Verdacht auch nicht erschüttert.
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bb) Der Hinweis auf fehlerhafte Abrechnungen gegenüber den Mitarbeitern N und O überzeugt nicht. Beim Arbeitnehmer O wurden Kosten deshalb verursacht, weil bei Kündigung der Twin-Bill-Funktion eine auf dem Privatmodus hinterlegte Rufumleitung nicht erkannt und berücksichtigt wurde. Beim Mitarbeiter N wurde ganz allgemein die Twin-Bill-Karte eines anderen Mitarbeiters abgerechnet. Diese Umstände sprechen nicht dafür, beim Kläger seien bei der Abrechnung des Dienstmodus überhaupt nicht existente Leistungen abgerechnet worden.
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cc) Den Einwand, sein Bekannter M habe im November 2008 anlässlich des gemeinsamen Cuba-Aufenthalts die Gespräche zu den Anschlüssen 491736756XXX und 496926095XXX ohne seine Kenntnis geführt, hat die Kammer zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt. Es handelt sich hierbei um zwei Telefonate mit Kosten von jeweils 7,53 € vor Rabattierung.
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dd) Den Einwand des Klägers, weitere Reisebegleiter hätten sein Diensthandy anlässlich der beiden Cuba-Aufenthalte ohne sein Wissen genutzt, wertet die Kammer als Schutzbehauptung. Es ist in der Tat wie vom Arbeitsgericht ausgeführt nicht nachvollziehbar, dass auch noch mehrere Reisebegleiter des Klägers anlässlich zweier Reisen zu verschiedenen Zeiten unbemerkten Zugriff auf dessen Diensthandy genommen haben könnten, um vor ihm verheimlicht dieses für eigene Telefonate zu
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verwenden, dies auch nachdem der Kläger kurz zuvor eine Verbindung zum internen Nummernblock der Beklagten angewählt hatte, zB am 19. November 2008 um 07.17 Uhr oder auch kurz vorher, zB am 01. Dezember 2009 um 16.03 Uhr. Es ist auch nicht dargelegt, welche anderen Personen ggf. Zugriff auf sein Diensthandy gehabt haben könnten, um gegen seinen Willen mit diesem andere als die von ihm eingeräumten Festnetz- oder Mobilanschlüsse anzuwählen, selbst wenn er selbst kurz zuvor im Besitz des Diensthandys war und eine Verbindung zum internen Nummernblock der Beklagten anwählte oder auch seinen privaten Festnetzanschluss, so zB am 01. Dezember 2009.
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ee) Der Einwand des Klägers, Arbeitskollegen hätten ggf. im Betrieb – uU während des Ladevorgangs – unbemerkt Zugriff auf sein Handy genommen, um damit im Internet zu surfen, stellt ebenfalls eine Schutzbehauptung dar und ist entkräftet. Ein nicht unerheblicher Teil der Internetnutzung entfällt auf Zeiten, in denen der Kläger nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten (Seiten 9 und 10 des Schriftsatzes vom 26. Oktober 2010) überhaupt nicht zum Dienst eingeteilt war.
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ff) Die von der Beklagten im Rechtsstreit vorgelegten Einzelverbindungsnachweise unterliegen entgegen der Auffassung des Klägers keinem Beweisverwertungsverbot und können daher zur Begründung des dringenden Verdachts herangezogen werden.
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Ein Sachvortragsverwertungsverbot besteht grundsätzlich nicht. Insbesondere unstreitige Tatsachen sind zu berücksichtigen, ohne gesetzliche Grundlage kann Parteivortrag nicht unbeachtet und unverwertet gelassen werden (BAG 13. Dezember 2007 – 2 AZR 537/06 – AP BGB § 626 Nr. 210). Zutreffend ist, dass rechtwidriges Verhalten einer Prozesspartei bei der Informationsgewinnung zu einem Verwertungsverbot führen kann. Das ist der Fall, wenn eine solche Sanktion unter Beachtung des Schutzzweckes der verletzten Norm zwingend geboten erscheint. Dies kann auch zur Einschränkung des Grundsatzes führen, dass selbst unstreitiger Vortrag stets und uneingeschränkt prozessual verwertbar ist. Hat eine Partei den Tatsachenvortrag der Gegenseite nicht bestritten, ist ihr die Möglichkeit, sich auf die Rechtswidrigkeit der ihm zugrundeliegenden Informationsbeschaffung zu berufen, nur dann genommen, wenn in ihrem Nichtbestreiten zugleich die Einwilligung in eine prozessuale Verwertung der fraglichen Tatsachen liegt. Dann wiederum stellt sich die Frage nach einem Verwertungsverbot aber nicht (BAG 16. Dezember 2010 – 2 AZR 485//08 – aaO).
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Es erscheint bereits als zweifelhaft, ob aus dem Vortrag der Beklagten entnommen werden kann, die ausgearbeiteten tabellarischen Listen seien anhand der Einzelverbindungsnachweise und nicht anhand der I-Rechnungen erstellt worden. Sollten sie anhand der Einzelverbindungsnachweise erstellt worden sein, kann die Kammer offen lassen, ob wie der Kläger meint ein Verstoß gegen §§ 4, 32 BDSG vorliegen kann, ebenso, ob die Rechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gewahrt sind und ein etwaiger Verstoß hiergegen zu einem Verwertungsverbot führen könnte (vgl. hierzu LAG Hamm 28. November 2008 – 10 Sa 1921/07NZA-RR 2009, 476). Der Kläger hat jedenfalls in die Verwertung der Einzelverbindungsnachweise eingewilligt. Damit besteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie dargelegt kein Verwertungsverbot, gleichzeitig liegt eine Einwilligung iSd. § 4 Abs. 1 BDSG vor. Der Kläger selbst hat im Rahmen seiner Anhörung mit Schreiben vom 17. Februar 2010 zunächst beanstandet, Einzelverbindungsnachweise lägen nicht vor, sie damit aufgefordert, die Einzelverbindungsnachweise vorzulegen, und seine Beanstandung fehlender Einzelverbindungsnachweise – bezogen auf SMS – mit Schreiben vom 22. Februar 2010 aufrechterhalten.
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II. Eine Abmahnung war entbehrlich, da die Hinnahme einer Pflichtverletzung der vorliegenden Art durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen ist.
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1. Der Kläger konnte aufgrund des Verhaltens der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht davon ausgehen, diese dulde Privatnutzung des Diensthandys im Dienstmodus zum Führen privater Telefonate im Ausland und zum Surfen im Internet auf ihre Kosten. Das Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit gibt hierfür keinen Anlass.
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a) Sie duldete auch nicht dadurch, dass sie gegenüber einzelnen Arbeitnehmern eine Abmahnung und keine Kündigung ausgesprochen hat. Sie duldete auch nicht dadurch, dass sie Überprüfungen erst dann vorgenommen hat, wenn monatliche Telefonrechnungen über 50,00 € lagen. Schon gar nicht gab sie damit zu erkennen, bis zu einer gewissen Größenordnung Privatnutzung zu tolerieren. Dass Gegenteil ergibt sich daraus, dass sie überprüfte und auf Verstöße reagierte.
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b) Ob vom Kläger und anderen Arbeitnehmern erwartet oder verlangt wurde, das Diensthandy immer mit nach Hause und oder mit in den Urlaub zu nehmen, um immer erreichbar zu sein, kann dahinstehen. Damit wäre nicht zu erkennen gegeben, das Handy dürfe auf Kosten der Arbeitgeberin im Dienstmodus zur Privatnutzung verwendet werden. Im Übrigen ist die Mitnahme des Handys nach Hause oder auch in den Urlaub bei den Arbeitnehmern, die über eine Twin-Bill-Funktion verfügen, ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Zu diesem Zweck besteht gerade die über die Twin-Bill-Funktion eröffnete Privatnutzungsmöglichkeit. Damit ist keine Aussage darüber verbunden, die Privatnutzung dürfe über den Dienstmodus und auf Kosten des Arbeitgebers erfolgen.
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c) Unterbliebene oder verzögerte Kontrolle allein führt nicht zum Abmahnungserfordernis. Die Beklagte verweist zutreffend darauf, dass jeder Arbeitnehmer sich so zu verhalten hat, dass es um seinetwillen einer Kontrolle nicht bedürfte (BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – aaO). Aus diesem Grund kann auch offen bleiben, ob es der Beklagten technisch möglich gewesen wäre, die Nutzung bestimmter Funktionen im Dienstmodus zu verhindern. Der Kläger konnte nicht erwarten, technisch etwa verhinderbarer Missbrauch werde geduldet oder aber noch nicht als schwerer und das Vertragsverhältnis gefährdender Pflichtverstoß angesehen.
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d) Ohne dass es entscheidend darauf ankäme, ist auch das Merkmal des heimlichen Führens privater Telefonate gegeben. Denn der Kläger hat den Dienstmodus ohne Information der Beklagten verwendet, um damit private Telefonate zu führen. Das Verhalten des Klägers begründet den dringenden Verdacht, dass er hierbei in der Erwartung handelte, die Rechnungen des Mobilfunkanbieters – von deren Erstellung er unzweifelhaft ausgehen musste – würden entweder von der Beklagten nicht oder nur unzureichend kontrolliert werden oder es werde nicht auffallen, dass abgerechnete Auslandstelefonate keinen dienstlichen Charakter aufwiesen, oder aber er werde nicht als Verursacher abgerechneter Privatkosten identifiziert werden. Gleiches gilt für die Internetnutzung. Die Möglichkeit der späteren Entdeckung beseitigt nicht das Merkmal der Heimlichkeit, wenn der Pflichtverstoß in der Erwartung begangen wird, diese Möglichkeit werde sich nicht realisieren.
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2. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten in anderen Fällen gegenüber Arbeitnehmern wegen unerlaubter Privatnutzung des Diensthandys eine Abmahnung ausgesprochen hat. Weder liegt ein zur Unwirksamkeit der Kündigung führender Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor noch zeigt das Verhalten der Rechtsvorgängerin gegenüber anderen Arbeitnehmern, dass sie davon ausging, auch im Fall des Klägers liege eine Situation vor, in der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei. Dementsprechend kann auch ein Abmahnungserfordernis nicht über die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgeleitet werden.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, kann die Unwirksamkeit einer Kündigung nicht unmittelbar aus einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hergeleitet werden. Dem steht das Erfordernis entgegen, bei der Prüfung des wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB die Umstände des jeweiligen Einzelfalls umfassend abzuwägen. Dies schließt mittelbare Auswirkungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die Interessenabwägung nicht aus, wenn der Arbeitgeber bei gleicher Ausgangslage im Sinne einer gleichartigen Pflichtverletzung nicht allen beteiligten Arbeitnehmern kündigt und daraus zu schließen ist, dass es für ihn zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis auch mit dem gekündigten Arbeitnehmer fortzusetzen (BAG 14. Oktober 1965 – 2 AZR 466/64 – AP BetrVG 1952 § 66 Nr. 27; BAG 21. Oktober 1969 – 1 AZR 93/68AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 41; BAG 25. März 1976 – 2 AZR 163/75AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 6; BAG 22. Februar 1979 – 2 AZR 115/78 – EzA § 103 BetrVG Nr. 23; BAG 28. April 1982 – 7 AZR 1139/79 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 3). Im Ergebnis unterscheiden sich die Konsequenzen kaum von der Auffassung, die die unmittelbare Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes befürwortet (zum Meinungsstand vgl. KR-Griebeling, 9. Aufl., KSchG, § 1 Rdnr. 233 f; KR-Friedrich, 9. Aufl., KSchG, § 13 Rdnr. 380; KR-Fischermeier, 9. Aufl., BGB, § 626 Rdnr. 307; APS/Preis, 3. Aufl., Grundlagen J Rdnr. 48; jeweils mwN). Herausgreifende Kündigungen sind unzulässig; ungleiche Behandlung gleich gelagerter Sachverhalte kann im Einzelfall den Schluss zulassen, auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem gekündigten Arbeitnehmer sei zumutbar (KR-Griebeling, aaO, Rdnr. 234), ggf. auch unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Selbstbindung des Arbeitgebers; dieser Aspekt kann ggf. auch dann von Bedeutung sein, wenn der Arbeitgeber auch in der Vergangenheit, also nicht nur zeitgleich mit einer im Streit stehenden Kündigung, auf vergleichbare Fälle nicht mit einer Kündigung reagiert hat (vgl. hierzu KR-Fischermeier, aaO, Rdnr. 309). Voraussetzung ist jedenfalls, soweit es um den verhaltensbedingten Bereich geht, Einschlägigkeit im Sinne eines gleichgelagerten Sachverhalts, einer gleichartigen Pflichtverletzung. Erforderlich ist ein gleichgelagerter Kündigungssachverhalt in sachlicher und zeitlicher Hinsicht (APS/Preis, aaO, Rdnr. 62), wobei allerdings der Aspekt der Selbstbindung wie dargelegt auch bei zeitlich folgenden Kündigungssachverhalten im Rahmen der Interessenabwägung von Bedeutung sein kann.
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b) Es kann dahinstehen, ob die Kündigungssachverhalte deshalb in zeitlicher Hinsicht gleichgelagert sind, weil der gegenüber den verschiedenen Arbeitnehmern erhobene Verdacht der unerlaubten Privatnutzung der zur Verfügung gestellten Diensthandys sich zwar auf völlig unterschiedliche Zeiten innerhalb des überprüften Zeitraums von April 2008 bis Februar 2010 bezieht, er aber zeitlich einheitlich aufgrund einer Überprüfung zutage getreten ist. Jedenfalls liegt inhaltlich-sachlich keine Gleichartigkeit der erhobenen Vorwürfe vor. Es liegt zunächst kein einheitlicher Vorgang vor, an dem verschiedene Arbeitnehmer beteiligt waren bzw. der Verdacht der gemeinsamen Begehung besteht. Ebenso besteht kein Kollektivbezug des erhobenen Vorwurfs. Auch wenn man in diesem Zusammenhang für die Annahme eines gleichgelagerten Kündigungssachverhalts aber nicht Mittäterschaft bzw. den Verdacht der Mittäterschaft fordern wollte, beschränkt sich die Gleichartigkeit darauf, dass gegenüber mehreren Arbeitnehmern der Vorwurf bzw. der Verdacht erhoben wird, das zur Verfügung gestellten Diensthandy zu privaten Zwecken und auf Kosten der Beklagten genutzt zu haben. Ansonsten bestehen durchaus Unterschiede. Unterschiede bestehen darin, dass einige der betroffenen Arbeitnehmer sich für die Inanspruchnahme der Twin-Bill-Funktion entschieden haben, andere nicht. Unterschiede bestehen in den Zeitpunkten, in denen die unerlaubte Privatnutzung des Diensthandys stattgefunden hat bzw. der entsprechende Verdacht besteht. Unterschiede bestehen in der zeitlichen Intensität, Dauer und Umfang der vorgeworfenen Privatnutzung. Unterschiede bestehen darin, ob kontinuierliches Verhalten oder eher punktuelles Verhalten vorgeworfen wird. Deutliche Unterschiede bestehen in den von der Beklagten behaupteten durch die Privatnutzung entstandenen Kosten. Unterschiede bestehen insbesondere auch in der Art der vorgeworfenen Privatnutzung, (insb. Versenden von SMS, Surfen im Internet, Privattelefonate, insb. im Ausland, Entgegennahme von Anrufen im Ausland über den Dienstmodus und damit verbunden Verursachung von Roaming-Gebühren). Einheitlichkeit besteht lediglich darin, dass die verschiedenen Arbeitnehmer die Möglichkeiten, das jeweils zur Verfügung gestellte Diensthandy zu Privatzwecken zu nutzen, ergriffen haben und dies der Beklagten aufgrund einheitlicher Untersuchung aufgefallen ist. Liegt aber bereits kein gleichgelagerter Kündigungssachverhalt vor, liegt auch keine Situation vor, bei der überhaupt der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet wäre, selbst wenn man seine Anwendung im Kündigungsrecht befürworten wollte. Dementsprechend ist entscheidend die Interessenabwägung im Einzelfall, nicht jedoch, ob die Arbeitgeberin in der Lage ist, sachliche Gründe für eine Differenzierung vorzutragen und/oder ob diese vorgebrachten Gründe zu überzeugen vermögen.
41

c) Dasselbe gilt im Hinblick auf das Abmahnungserfordernis. Es geht nicht darum, dass aufgrund mittelbarer Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Beklagte verpflichtet wäre, Differenzierungskriterien darzulegen, um den Willkürvorwurf zu entkräften. Es geht vielmehr darum, dass keine Situation dargelegt ist, aufgrund derer der wenn auch nur mittelbare Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet wäre. Der Umstand dass über einen Zeitraum von 22 oder auch 23 Monaten mehr als 50 Arbeitnehmer unabhängig voneinander in unterschiedlicher Art und Weise, zu unterschiedlichen Zeiten, in unterschiedlicher Dauer und Intensität und mit unterschiedlicher Kostenverursachung das ihnen jeweils zur Verfügung gestellte Diensthandy vertragswidrig privat nutzten, wobei sich die Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Anhörung auch unterschiedlich einließen, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines gleichgelagerten Kündigungssachverhalts. Dementsprechend impliziert unterschiedliche Reaktion allein, also beispielsweise Erteilung einer Abmahnung oder Ausspruch einer Kündigung, auch noch nicht Willkür. Es mag zutreffen, dass der Arbeitgeber dann, wenn er bei gleicher Ausgangslage nach einer selbst gesetzten Regel verfährt, darzulegen hat, warum er im Einzelfall hiervon abweicht (LAG Hessen 10. September 2008 – 6 Sa 384/08BB 2009, 605, zitiert nach juris). Abgesehen davon, dass aufgrund unterschiedlicher Pflichtverstöße bereits keine gleiche Ausgangslage vorliegt, besteht aber auch keine selbst gesetzte Regel, von der die Rechtsvorgängerin der Beklagten vorliegend zu Lasten des Klägers abgewichen wäre. Die Beklagte stellt eine derartige Regel in Abrede. Eine derartige Regel wird vom Kläger auch nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Fehlen einer derartigen Regel allein begründet angesichts der unterschiedlichen Vorwürfe auch noch nicht den Missbrauchsvorwurf.
42

III. Der Kläger wurde zu den Verdachtsgründen ordnungsgemäß angehört. Dies gilt jedenfalls für die Vorwürfe, auf die die Kammer ihre Entscheidung stützt.
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1. Die Anhörung erfolgte mit Schreiben vom 16. Februar 2010, wobei mit Schreiben vom 19. Februar 2010 unter Fristverlängerung als fehlend beanstandete Einzelverbindungsnachweise nachgereicht wurden.
44

2. Zutreffend ist zwar, dass hierbei zum Teil Einzelverbindungsnachweise nachgereicht wurden, die überhaupt nicht die Kartennummer des Klägers (P) betreffen. Dies betrifft allerdings nicht die Einzelverbindungsnachweise für die in den Monaten November 2008 und Dezember 2009 geführten Auslandstelefonate. Für diese Monate lagen dem Kläger die zutreffenden Einzelverbindungsnachweise vor. Das Volumen des monatlichen Internetnutzung wiederum ergab sich bereits aus den dem Kläger ebenfalls zur Verfügung gestellten jeweiligen I-Rechnungen, die die zutreffende Kartennummer betrafen, wobei sich der Kläger ohnehin dahin einlässt, niemals das Diensthandy im Dienstmodus zum Surfen im Internet verwendet zu haben.
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IV. Im Rahmen der Interessenabwägung überwiegen die berechtigten Interessen der Beklagten an sofortiger Vertragsbeendigung.
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1. Zugunsten des Klägers sprechen seine Sozialdaten. Zu seinen Gunsten ist auch zu berücksichtigen, dass das langjährige Arbeitsverhältnis zumindest beanstandungsfrei und erfolgreich verlief, Beanstandungen sind jedenfalls nicht konkret dargelegt. Zu seinen Gunsten spricht die relativ geringe Chance, einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu vergleichbaren Bedingungen zu finden. Zu seinen Lasten spricht die Schwere des Verschuldens der Vertragsverletzung. Verbotsirrtum liegt nicht vor. Der Kläger wusste, dass private Nutzung des Diensthandys zum Führen von Telefonaten im Ausland und zur Internetnutzung nicht gestattet war. Er ist nicht in der Lage, plausible Gründe dafür zu nennen, warum er hätte davon ausgehen können, sein Verhalten werde von der Beklagten geduldet. Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, dass das Unrechtsbewusstsein des Klägers verringert gewesen sein könnte. Der Umstand allein, dass offensichtlich auch weitere Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten die ihnen zur Verfügung gestellten Handys in unterschiedlicher Form und in unterschiedlicher Intensität vertragswidrig zu privaten Zwecken nutzten, mindert das Verschulden des Klägers nicht. Insbesondere hat die Beklagte keine Ursache gesetzt, die den vertragswidrigen Gebrauch des Diensthandys erleichterte. Die Missbrauchsmöglichkeit geht vielmehr bereits mit der dienstlich veranlassten Überlassung der Handys als solcher einher. Unterbliebene Kontrolle erleichtert nicht den Missbrauch, sondern führt allenfalls dazu, dass bereits erfolgter Missbrauch nicht oder nicht sofort auffällt. Unterbliebene Kontrolle in der Vergangenheit ermöglicht lediglich eine Einschätzung des Entdeckungsrisikos. Dies ist kein zugunsten des Klägers zu berücksichtigender Umstand, da vorsätzliche Vertragspflichtverletzungen erfahrungsgemäß in der Erwartung begangen werden, nicht entdeckt zu werden.
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2. Zugunsten der Beklagten sprechen der erhebliche Vertrauensverlust, die Höhe der durch Privatnutzung hervorgerufenen Kosten und der Umstand, dass das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen in die Integrität des Klägers zerstört ist. Auch wenn man bei den Kosten Roaming-Gebühren, Kosten für die Einwahl in den internen Nummernblock, Kosten von nach Angaben des Klägers durch seinen Bekannten M geführte Telefonate und Kosten für SMS-Versand unberücksichtigt lässt und auch unter Berücksichtigung des von der Beklagten angesetzten Rabatts von 42 % für Auslandstelefonate liegen die verursachten Kosten immer noch bei deutlich über 300,00 €. Hinzu kommt, dass bei Besitzüberlassung eines Diensthandys nur noch eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten, insbesondere im privaten Bereich des Arbeitnehmers, bestehen und aus diesem Grund ein erhöhtes Vertrauensbedürfnis anzuerkennen ist. Für das Beendigungsinteresse der Beklagten spricht auch, dass sie aus Gründen der Betriebsdisziplin in konsequenter Weise der Kosten verursachenden privaten Nutzung der zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel entgegenwirken und dokumentieren will, dass derartiger Missbrauch nicht geduldet wird. Auch derartige Gesichtspunkte der Betriebsdisziplin stellen zulässige Kriterien innerhalb der Interessenabwägung dar (BAG 04. Juni 1997 – 2 AZR 526/96 – AP BGB § 626 Nr. 137), ebenso generalpräventive Gesichtspunkte (vgl. BAG 11. Dezember 2003 – 2 AZR 36/03 – AP BGB § 626 Nr. 179). Im Rahmen der Interessenabwägung ist damit auch zu berücksichtigen, wie es sich in einem Betrieb wie dem der Beklagten auswirken könnte, wenn sie die vertragswidrige Verwendung der zur Verfügung gestellten Diensthandys zu privaten Telefonaten und zur Kosten verursachenden privaten Internetnutzung ohne größere Sanktionen zuließe. Aufschluss hierüber gibt die Argumentation des Klägers und anderer Arbeitnehmer, wonach ein derartiges Verhalten als Dulden anzusehen sei. Im berechtigten Interesse der Beklagten liegt es damit auch, einer Nachahmungsgefahr entgegenzuwirken (LAG Nürnberg 16. Oktober 2007 – 7 Sa 182/07 – LAGE BGB 2002 § 626 Nr. 4).
48

V. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt.
49

1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die kündigungsberechtigte Personalleiterin F erst am 15. Februar 2010 vom Kündigungssachverhalt Kenntnis erhielt. Damit war der Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB bis zur Anhörung des Klägers und dem Eingang seiner Stellungnahme innerhalb der bis 23. Februar 2010 verlängerten Stellungnahmefrist gehemmt. Die dann dem Kläger am 04. März 2010 zugegangene Kündigung wahrt die Frist des § 626 Abs. 2 BGB.
50

Die Zeuginnen F und G haben übereinstimmend bekundet, die Zeugin G habe erstmals am 15. Februar 2010 die Zeugin F mit Übergabe der jeweiligen für sämtliche betroffenen Arbeitnehmer erstellten tabellarischen Aufstellungen und der persönlichen Daten dieser Arbeitnehmer unterrichtet. Die Kammer hat auch nach wie vor keinen Anlass zu Zweifeln, dass der Zeugin F diese Unterlagen erstmals am Morgen des 15. Februar 2010 übergeben wurden. Dies wurde auch im Kammerurteil vom 19. Dezember 2011 nicht anders ausgeführt. Übergabe der Unterlagen vor dem 07. Februar 2010 scheidet hierbei ohnehin aus, weil die tabellarischen Aufstellungen jedenfalls für einige Arbeitnehmer, so auch den Kläger, auch Angaben zur Privatnutzung im Monat Januar 2010 enthalten, die I-Rechnung für den Monat Januar 2010 aber erst vom 07. Februar 2010 datiert. Soweit aus den weiteren Angaben der Zeugin G folgt, dass in Einzelfällen bereits Ende Januar 2010 Bewertungsergebnisse und Tabellen vorlagen, muss es sich von vornherein um solche gehandelt haben, die sich auf den Zeitraum bis längstens Dezember 2009 erstreckten, wobei bereits Ende Januar 2010 vorhandene Tabellen dann später um die Daten für Januar 2010 ergänzt worden sein müssen, jedenfalls nach übereinstimmenden und glaubhaften Angaben beider Zeuginnen sämtliche tabellarischen Aufstellungen gemeinsam übergeben wurden.
51

Die Kammer hält auch unter Berücksichtigung der in den neun Parallelverfahren zur Zurückverweisung führenden Beschlüsse des BAG (Beschlüsse vom 20. Juni 2012, 4 AZN 376/12; vom 21. Juni 2012, 2 AZN 365/12, 2 AZN 366/12, 2 AZN 368/12, 2 AZN 369/12, 2 AZN 374/12; vom 19. Juli 2012 2 AZN 364/12, 2 AZN 367/12, 2 AZN 375/12) die Zweifel nicht aufrecht, dass die Zeugin F von der Zeugin G nicht bereits zuvor über den Kündigungssachverhalt unterrichtet wurde. Diese Zweifel könnten auch von vornherein allenfalls einen Erkenntnisstand betreffen, der bereits vor Auswertung der einzelnen Abrechnungen für Januar 2010 vorhanden war.
52

Die Kammer hält zwar auch nach erneuter Beratung in geänderter Kammerbesetzung daran fest, dass aufgrund der Funktionen der Zeuginnen und angesichts des relativ langen Zeitraums der Ermittlungen der Zeugin G eher damit zu rechnen gewesen wäre, dass eine frühere Informationserteilung über Ermittlungsergebnisse erfolgt. Dies allein begründet aber keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Zeuginnen, die eben bekundeten, anders vorgegangen zu sein. Die Zeuginnen haben ihre Angaben sicher und in sich widerspruchsfrei gemacht. Ihre Angaben sind auch untereinander im Kernbereich widerspruchsfrei. Das Aussageverhalten der Zeuginnen zeigt, dass sie jeweils darauf hinwiesen, wenn sie in einzelnen Punkten unsicher waren oder über keine konkrete Erinnerung mehr verfügten. Sie verfügten in Detailfragen über Erinnerungen, die sie plausibel erklärten. So hatte die Zeugin F bei ihrer Vernehmung am 07. November 2011 bekundet, sich noch daran zu erinnern, dass ihr bei der Vorlage der Listen der Name des Klägers auffiel, weil es sich bei ihm um einen Schichtleiter handelte. Die Zeugin G wiederum verfügte über Erinnerungen an ein im Rahmen der Ermittlungen geführtes Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Rechtsabteilung, das zuvor von den Parteien im Rechtsstreit überhaupt nicht eingeführt war, und hierbei über Detailerinnerungen an beispielsweise die Übersendung eines Urteils aus J betreffend Privatnutzung eines Diensthandys. Dies zeigt, dass die Zeuginnen, soweit sie konkrete Angaben zu Tatsachen machten, auch über ein konkretes Erinnerungsbild verfügten. Dann gilt dies erst recht für die für beide Zeuginnen erkennbar zentrale Frage des Zeitpunkts der Unterrichtung der Personalleiterin, der Zeugin F. Anhaltspunkte für die Annahme, die Zeuginnen hätten bei vorhandener Erinnerung bei ihren Vernehmungen bewusst die Unwahrheit bekundet, bestehen nicht. Der Umstand allein, dass jedenfalls nach Einschätzung der Kammer eine andere Vorgehensweise wahrscheinlicher gewesen wäre, begründet noch keine hinreichenden Zweifel an der von den Zeuginnen bekundeten Wahl der nach Einschätzung der Kammer unwahrscheinlicheren Vorgehensweise. Die Zeugin G hat auch glaubhaft bekundet, aus welchem Grund keine vorherige Informationserteilung an die Zeugin F erfolgte. Hiernach hatte sie beabsichtigt, eine einheitliche Vorlage an die Zeugin F vorzunehmen, damit diese einen umfassenden Blick auf den Gesamtkomplex hätte. Diese Begründung ist plausibel. Die Zeugin G durfte dieses Vorgehen auch für sinnvoll halten. Denn ob sich die verschiedenen Fälle im Ergebnis als gleichartig darstellen würden oder nicht, konnte erst nach Abschluss der gesamten Ermittlungen beurteilt werden. Dann ist es auch nachvollziehbar, wenn die Zeugin G auf Nachfrage der Zeugin F mit dem Hinweis reagierte, sie werde auf sie zukommen, wenn sie ein Ergebnis habe, und die Zeugin F dies akzeptierte.
53

2. Abzustellen ist auf die Kenntnis der Zeugin F als der kündigungsberechtigten damaligen Personalleiterin und nicht auf die Kenntnis der Zeugin G. Die Zeuginnen F und G haben glaubhaft bekundet, dass die Zeugin G nicht kündigungsberechtigt war. Die Zeugin G war auch nicht Personalleiterin und nahm damit auch keine Position wahr, die üblicherweise mit Kündigungsbefugnis einhergeht. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, der Zeugin G sei dennoch Kündigungsbefugnis verliehen gewesen, sind nicht ersichtlich. Die Übertragung von Abstimmung und Durchführung von personellen Maßnahmen „im Rahmen der geltenden Richtlinien“ laut Stellenbeschreibung zeigt dies noch nicht. Neben den Mitgliedern der Organe von juristischen Personen gehören zu den Kündigungsberechtigten iSd. § 626 Abs. 2 BGB die Mitarbeitern, denen der Arbeitgeber das Recht zur außerordentlichen Kündigung übertragen hat (BAG 23. Oktober 2008 – 2 AZR 388/07AP BGB § 626 Nr. 217). Bezüglich der Arbeitnehmerin G ist dies nicht ersichtlich. Der Umstand, dass ihr für Einzelfälle jeweils Vollmacht zum Ausspruch einer Kündigung erteilt wurde, stellt keine allgemeine Übertragung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung dar.
54

3. Soweit die Kammer im Urteil vom 19. Dezember 2011 auch auf einen der Beklagten zuzurechnenden Organisationsmangel abgestellt hat, kann offen bleiben, ob die Beklagte durch Einbindung von drei Abteilungen in die Sachverhaltsaufklärung eine Struktur geschaffen hat, die die Berichtswege für die Zeugin G als unklar erscheinen lassen konnten. Ebenso kann Stellung und Funktion der Arbeitnehmerin K dahinstehen. Wenn die Zeugin G für sich beschlossen hat, es für sinnvoll gehalten hat und halten durfte, für die Zeugin F eine einheitliche Vorlage zu fertigen, um einen Überblick über den Gesamtkomplex zu verschaffen, unabhängig davon, ob sich die einzelnen Fälle im nachhinein als gleichgelagert erweisen sollten, und es nicht geboten war, in jedem einzelnen Fall nach Abschluss der jeweiligen Ermittlungen oder Vorliegen eines Bewertungsergebnisses und ohne Rücksicht auf in weiteren Fällen noch laufende Ermittlungen die Personalleiterin zu informieren, beruht die Entscheidung auf eigenen Überlegungen der Zeugin G und hätte sich eine Einflussnahme durch die Rechtsabteilung jedenfalls nicht ursächlich verzögernd ausgewirkt. Denn die Vorlage auch der den Kläger betreffenden Unterlagen am 15. Februar 2010 ist dann überhaupt nicht verspätet erfolgt. Hierbei ist es dann ohne Bedeutung, dass die Zeugin G nach ihren Angaben bereits Ende Januar 2010 über Bewertungsergebnisse bezüglich einzelner Arbeitnehmer verfügte, wobei sich diese dann zwangsläufig auf den Zeitraum bis Dezember 2009 beschränkt haben müssen. Denn da die Zeugin G es für sinnvoll gehalten hat und halten durfte, der Zeugin F den Gesamtkomplex einheitlich aufzubereiten und vorzulegen, konnte sie dann auch bezüglich der Arbeitnehmer, für die bereits Ende Januar 2010 ein Bewertungsergebnis vorlag, die spätere Auswertung der Abrechnungen für Januar 2010 auch für diese Arbeitnehmer abwarten.
55

VI. Die Kündigung vom 04. März 2010 ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den bei ihr gebildeten Betriebsrat ordnungsgemäß zur Kündigung des Klägers angehört. Ausweislich des Anhörungsschreibens vom 24. Februar 2010 und den beigefügten Anlagen hat sie dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitgeteilt, auf die sie die Kündigung auch im vorliegenden Rechtsstreit stützt und entsprechend dem Grundsatz der subjektiven Determinierung (vgl. hierzu BAG 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 mwN) den aus ihrer Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt mitgeteilt. Fehlerhafte Betriebsratsanhörung folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte dem Betriebsrat keine Differenzierungskriterien mitgeteilt habe. Nach ihrem Vortrag hat sie keine Differenzierungskriterien angewandt. Durch die Formulierung, solches Fehlverhalten werde in keinem Fall geduldet, wird auch nicht suggeriert, dass in allen Fällen einer gleichartigen Pflichtverletzung Kündigungen ausgesprochen werden, sondern dass die Beklagte nicht bereit ist, derartiges Verhalten zu dulden. Eine Aussage, wie im Einzelfall auf entsprechende Pflichtverstöße reagiert wird, ist damit nicht verbunden. Die Beklagte hat den Betriebsrat auch nicht unrichtig dahin unterrichtet, der Kläger habe eine Belehrung gegengezeichnet, wonach für private Gespräche die private DuoBill Pin-Nr. zu verwenden sei. Das als Anlage 1 der Betriebsratsanhörung beigefügte Schreiben vom 08. März 2004 ist vom Kläger gegengezeichnet. Die Beklagte hat den Betriebsrat inhaltlich zutreffend unterrichtet, dass der Kläger schriftlich belehrt wurde und die Belehrung gegengezeichnet hat, wobei offen bleiben kann, ob weitere Belehrungen am 20. September 2006 und/oder am 09. November 2006 erfolgten, worauf in der Betriebsratsanhörung überhaupt nicht abgestellt wird. Der Umstand, dass Vortrag der Beklagten wie beispielsweise zur dienstlichen Nutzung von SMS im Streit steht, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung. Die Beklagte hat dem Betriebsrat auch insoweit die Angaben die gemacht, die sie auch im Rechtsstreit vorträgt. Im Übrigen stellt die Kammer ohnehin nicht auf etwaige in der Versendung von SMS liegende Pflichtverletzungen ab, sondern auf das Führen privater Auslandstelefonate und Internetnutzung auf Kosten der Beklagten. Auch insoweit entsprechen die von der Beklagten dem Betriebsrat mitgeteilten Gründe ihrem Vortrag im Rechtsstreit. Soweit auch der Betriebsratsanhörung teilweise unrichtige und nicht die Kartennummer des Klägers betreffende Einzelverbindungsnachweise beigefügt waren, führt dies ebenfalls nicht zur Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung. Es besteht ohnehin grundsätzlich keine Verpflichtung des Arbeitgebers, im Rahmen der Betriebsratsanhörung auch Unterlagen oder Beweismittel vorzulegen (BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 42; LAG Hessen 19. April 2011 – 12 Sa 1178/10 – nv., juris; KR-Etzel, 10. Aufl., BetrVG, § 102 Rdnr. 68 mwN.). Außerdem gilt auch hier, dass dem Betriebsrat bezüglich der Verdachtsgründe, auf die die Kammer ihre Entscheidung stützt, die zutreffenden Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden, nämlich die I Rechnungen für Oktober 2008 bis Dezember 2008, Februar, April, Mai 2009 und Juli 2009 bis Januar 2010 und Einzelverbindungsnachweise jedenfalls für Oktober und November 2008, April und Mai 2009 sowie Juli bis Dezember 2009. Die Einzelverbindungsnachweise für die Auslandstelefonate im November 2008 und Dezember 2009 lagen damit vor. Soweit für Dezember 2008 bis März 2009 unzutreffende und für Januar 2010 keine Einzelverbindungsnachweise vorgelegt wurden, stellt die Kammer auf Januar und März 2009 ohnehin nicht ab und ergibt sich das für Dezember 2008, Februar 2009 und Januar 2010 abgerechnete Volumen der Internetnutzung bereits aus der dem Betriebsrat mit der Anhörung vorgelegten jeweiligen I-Rechnung für den betreffenden Monat.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund iSd. § 72 Abs. 2 ArbGG.

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